Geschichtsträchtige Stiftskirche ist seit 100 Jahren Kathedrale

Blick von der Loretokapelle auf die Kathedrale Freiburg. (Foto: Rufus64/CC-BY-SA-3.0)

Die St.-Nikolaus-Kirche in Freiburg im Üechtland ist eine Gründung der Zähringer. Sie wurde 1182 eingeweiht und 1308/1309 von der Bürgerschaft übernommen. In deren Auftrag entstand bis 1490 in mehreren Etappen die heutige Kirche, eine hochgotische Pfeilerbasilika mit Frontturm. Der Rat errichtete 1512 ein Chorherrenstift. 1798 wurde die Kirche Kantonseigentum. Obwohl seit dem 17. Jahrhundert in Freiburg ein Bischof residiert, wurde die Stiftskirche erst 1924 zur Kathedrale erhoben. Die Kirche ist für ihre Orgel und die Jugendstilfenster des Polen Józef Mehoffer berühmt.

1512 waren es wohl ganz profane Gründe, warum Papst Julius II. der Stadt Freiburg das Recht erteilte, ihre Pfarrkirche zur Stiftskirche zu erheben. 15 Chorherren waren seitdem für das Chorgebet und den Gottesdienst verantwortlich, bis 1577 diese Zahl auf 12 gesenkt wurde. Dass Freiburg katholisch blieb, war aber nicht unbedingt den Geistlichen und dem Stiftskapitel zu verdanken, sondern der weltlichen Gewalt, die sich mit aller Kraft für den alten Glauben einsetzte. Wie andernorts war diese aber nicht bereit, auf ihren grossen staatskirchlichen Einfluss zu verzichten. Rom zeigte sich gegenüber Freiburg aber wegen des Einsatzes für den alten Glauben grosszügig. Aber es gab auch paradoxe Situationen. So profitierten die Freiburger von der 1536 durch die Berner erfolgten Verjagung des Lausanner Bischofs, weil Katholisch-Freiburg so bischöfliche Herrschaftsgebiete (Bulle u. a. m.) übernehmen konnte.


An einem Aktionstag für Deutschsprachige lassen sich Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg erleben. Im Rahmen der 100-Jahr-Feierlichkeiten der Kathedrale können am 9. November 2024, von 10 bis 22 Uhr, individuelle Führungen, ein Programm der Fachstellen der Bistumsregion und ein Festgottesdienst besucht werden.
Weitere Informationen unter: 100 Jahre Kathedrale St. Nikolaus

Bereits 1587 gab es einen ersten Versuch, die Freiburger Stiftskirche zur Kathedrale zu erheben und dem Lausanner Flüchtlingsbischof den Aufenthalt in Freiburg zu ermöglichen. Die bischöfliche Wohnsitznahme gelang 1663, wobei der Lausanner Bischof in Freiburg eher geduldet wurde als herbeigewünscht war. Die Erhebung der Stiftskirche zur Kathedrale wurde nach insgesamt neun vergeblichen Versuchen erst 1924 umgesetzt – und zwar unter durchaus dramatischen Umständen, wie folgende Schilderung aufzeigt.

Der Handstreich von 1924
1915 unternahm Georg Schmid von Grüneck nach dem Tod des in Freiburg residierenden Bischofs André-Maurice Bovet auf Wunsch Roms den neunten Versuch, die Freiburger Stiftskirche zur Kathedrale zu erheben. Der als kurzzeitiger Apostolischer Administrator in Freiburg wirkende Churer Bischof schlug vor, dass der Bischof zugleich Propst des Domkapitels sein solle und das Domkapitel mit residierenden und neu auch nichtresidierenden Mitgliedern das Recht habe, Rom für die Bischofswahl eine Dreierliste einzureichen. Das Stiftskapitel und die Freiburger Regierung wollten jedoch den Status quo. Mit der römischen Ernennung von Placide Colliard zum neuen Bischof von Lausanne und Genf wurde das Projekt hinfällig. Als 1924 die Ernennung des Freiburger Stadtpfarrers anstand, überrumpelte Rom das Freiburger Stiftskapitel mit dem Erlass vom 17. Oktober 1924: Das Stiftskapitel wurde in ein Domkapitel umgewandelt, das nun je zehn residierende und nichtresidierende Domherren umfasst. Rom ordnete die mit dem 1917 eingeführten ersten allgemeinen Kirchenrecht römische Bischofsernennung auch für Freiburg an, gestand der Freiburger Bürgerschaft aber die Pfarrwahl zu und erlaubte weiterhin die Ernennung der residierenden Domherren durch die Freiburger Kantonsregierung. Das Bistum Lausanne und Genf wurde zur Diözese Lausanne, Genf und Freiburg umbenannt. Am 1. Februar 1925 ergriff Bischof Marius Besson Besitz von seiner neuen Kathedrale.

Verzicht auf die Bischofswürde
Der von Rom völlig überraschte Propst Léon-Henri Esseiva sollte im Prozess dieser Neuordnung zum Titularbischof ernannt werden – eine Entschädigung dafür, dass das Stiftskapitel etliche althergebrachte Rechte verlor. Esseiva lehnte ab, da er nicht als Totengräber der bisherigen Stiftsfreiheiten in die Geschichte eingehen wollte. Nur einen Tag nach der bischöflichen Besitzergreifung der Kathedrale verstarb Propst Esseiva unerwartet– vielleicht ein stiller Protest gegen die ungewünschte Umwandlung. (ufw)

Weitere Informationen zum Jubiläum 100 Jahre Kathedrale St. Nikolaus (zweisprachige Seite)

 

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